„Führen ohne Vorgesetztenfunktion“

"Führen ohne Vorgesetztenfunktion", so der zufällig gefundene Titel eines zweitägigen Führungsseminars, das kürzlich in einer überregionalen Tageszeitung (DIE WELT, 6. Januar 2012, S. 15) all denjenigen als Weiterbildung angeboten wurde, die Mitarbeiter ohne disziplinarische Weisungsbefugnis führen müssen.

Ein interessantes Seminar: Denn es ist vordergründig am einfachsten, Mitarbeiter als Vorgesetzter mit disziplinarischen Möglichkeiten zu führen: Z.B. durch eine genehmigte oder verweigerte Gehaltserhöhung oder Beförderung, durch Anweisung, Abmahnung oder gar gleich durch Androhung der Kündigung. So führt wohl das Gros der „Chefs“ in den Unternehmen.

Stellt sich die Frage, ob das den geführten Mitarbeiter auch tatsächlich zu Spitzenleistung motiviert?

Wahrscheinlich nicht, zumindest nicht auf Dauer. Deshalb wohl auch das Seminarangebot.

Interessant in diesem Zusammenhang die Situation der Führungskräfte und Vermögensberater in der DVAG: Es gibt dort keine formalen Führungskompetenzen aus einer Vorgesetztenfunktion. Ein Vermögensberater, der selbst Mitarbeiter – andere Vermögensberater – für sich gewinnt und mit diesen zusammen arbeitet, kann keine Gehaltserhöhung oder Beförderung ausloben, kann nicht abmahnen, anweisen oder kündigen. All diese Instrumente fehlen ihm.

Und dennoch ist Führung möglich: Ein Vermögensberater als Führungskraft muss führen und motivieren kraft Vorbild, Überzeugungskraft, intensiver Gespräche, Interesse am anderen, Empathie und Verständnis.

Ein Nachteil gegenüber den Führungskräften in Unternehmenshierarchien? Nur vordergründig.