Kalte Enteignung?

"Sparer werden durch EZB kalt enteignet", so der noch recht frisch amtierende neue Sparkassenverbandspräsident Fahrenschon (siehe Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. Oktober 2012).

Was ist damit gemeint? Die Zinsen für Spareinlagen liegen längst unterhalb der Inflationsrate, das Ersparte wird auf diesem Weg nicht mehr, sondern real weniger. Und obwohl Lebensversicherungen immer noch weitaus höhere Renditen abwerfen, die mit 4 Prozent und mehr auch deutlich oberhalb der Inflationsrate liegen, können die beim Abschluss prognostizierten Ablaufleistungen bei den meisten Verträgen nicht mehr erreicht werden.

Schuld an allem (nach Auffassung des Verbandspräsidenten): Die EZB, die ganz gezielt die Zinsen niedrig hält, um so den EU-Staaten über einen niedrigen Zins die Refinanzierung ihrer Ausgaben und Bedienung ihrer Schulden zu ermöglichen, damit auf diesem Wege Staatsbankrotte mit allen Konsequenzen für die Euro-Zone verhindert werden.

Die Argumentation ist sicherlich nicht falsch, man könnte es Enteignung nennen, und jeder Journalist, der die private Lebensversicherung kritisert, sollte sich dieser Zusammenhänge bewusst sein und sie dem Leser vermitteln.

Man kann es aber auch anders sehen und benennen: Das reale Abschmelzen der Sparguthaben und die Einschnitte in der privaten Altersversorgung sind der Preis des Einzelnen für die Rettung einzelner Euroländer, des Euro insgesamt und damit vielleicht auch der Konstruktion der Europäischen Union als Ganzes. Das ist dann keine Enteignung, denn der Leistung steht eine Gegenleistung gegenüber.